12. Mai 2025
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Zweifelhaftes Wahlverfahren bei Ehrennadel

Ein Kommentar von Dr. Matthias Delvo

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Kommentar von Dr. Matthias Delvo
zum Thema der Ehrennadel-Verleihung für 2024 in Castrop-Rauxel
Zweifelhaftes Wahlverfahren; Kritik


Die Ehrennadel – ein Symbol der Anerkennung
Die Ehrennadel der Stadt Castrop-Rauxel gilt als höchste kommunale Auszeichnung für ehrenamtliches freiwilliges, nachhaltiges und unentgeltliches Engagement zum Wohl der Gemeinschaft.
Für das Jahr 2024 steht die Vergabe von drei Ehrungen an.
Seit ihrer Einführung im Jahr 2007 werden sie alljährlich beim Neujahrsempfang des Bürgermeisters an Individuen oder Einrichtungen verliehen, die sich in besonderem Maße für die Gesellschaft Castrop-Rauxels engagiert haben.
Die Auswahl der Preisträger erfolgt dabei nach klar definierten Kriterien, die der Haupt- und Finanzausschuss beschlossen hat. Zu diesen gehört schon seit 2017 unter anderem und ausdrücklich, dass Personen, die politisch aktiv sind, einschließlich sachkundiger Bürger, von der Auszeichnung ausgeschlossen sind.
Die diesjährige Vergabe der Ehrennadel wird jedoch von einer Kontroverse überschattet, die grundlegende Fragen zur Integrität des Auswahlprozesses aufwirft. Konkret betrifft dies die Nominierung zweier Kandidaten, die als sachkundige Bürger der SPD politisch aktiv – und somit nach den Regeln der Verwaltung von der Ehrung ausgeschlossen sind.


Ablauf des Verfahrens
Bei der Verwaltung konnte Jedermann Nominierungen unter Darstellung der Verdienste der zu ehrenden Person abgeben.
Die Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Bürgermeister der Stadt Castrop-Rauxel konnte – soweit bisher bekannt - insgesamt (nur?) 22 Nominierungen verzeichnen und fertigte nach der positiven Prüfung der Einhaltung der Wählbarkeitsvoraussetzungen eine tabellarische Aufstellung der Aspiranten an.
Nach Einschätzung der Stabsstelle erfüllte eine der Benannten, die laufende Nummer 22, möglicherweise die Auswahlkriterien nicht. Die Behandlung der Zulassung solle einem Juryentscheid zukommen, und die Stabsstelle vermerkte dies in ihrer Stellungnahme mit dem Hinweis, die Sache dann ins nächste Jahr zu schieben, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung für einen anderen Preis.
Dies sei mit den Ruhr-Nachrichten entsprechend besprochen worden.
Die Liste der verbleibenden 21 - nach Ansicht der Stabsstelle allesamt qualifizierten - Benannten übergab und „besprach“ die Stabsstelle mit den Ruhr-Nachrichten, obwohl die Entscheidung bis dato über die Nr. 22 noch nicht gefallen war.


Die Rolle der Ruhr-Nachrichten
Zum ersten Mal in der Geschichte der Ehrennadel soll eine der drei Auszeichnungen nicht von der verwaltungsintern berufenen Jury, sondern aufgrund einer Abstimmung in der breiten Öffentlichkeit vergeben werden. Dies ist zu begrüßen.
Die Ruhr-Nachrichten, die diesen Prozess nicht nur begleitet, sondern leitend durchgeführt haben, stellten dabei die unproblematischen 21 der 22 Nominierten – durchaus gekonnt - in umfangreichen und bebilderten redaktionellen Beiträgen vor.
Die Ruhr-Nachrichten riefen dann in ihrem Lokalteil zu einer Leser-Abstimmung. Die Nummer 22 wurde dabei kommentarlos weggelassen.
Dies, obwohl die Frage der Qualifizierung noch nicht geklärt war, was sich ja aus der Liste der Stabsstelle und dem Vermerk, dies sei mit den Ruhr-Nachrichten „entsprechend besprochen“ worden, eindeutig ergibt.


Zu den nach Ansicht der Stabstelle qualifizierten Teilnehmern an der Abstimmung der Ruhr-Nachrichten zählten aber auch die laufenden Nummern 1 und 13 der Liste der Benannten, die – wohl völlig zu Recht – von den Ruhr-Nachrichten umfangreich gewürdigt wurden, aber gleichzeitig auch aktiv auf Wahlplakaten der SPD zu finden sind.
Hier besteht das klare Ausschlusskriterium der politischen Betätigung.


Erklärungsversuch der Ruhr-Nachrichten
In einer Anfrage der CASNews erklärten die Ruhr-Nachrichten hierzu:
„Wir sehen uns nicht an Jury-Absprachen gebunden. Vielmehr orientieren wir uns an einem Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses, wonach eine Auszeichnung nicht für ein politisches Ehrenamt erfolgen kann. Alle von uns vorgestellten Kandidaten sind derweil nicht für ihre politischen Ehrenämter nominiert worden.“
Dieser Ansatz ist eine Nebelkerze, trifft das Problem nicht und ist offensichtlich aus mehreren Gründen problematisch.
Selbstverständlich erwartet der geneigte Leser inzwischen langsam schon nicht mehr, dass ein lokales Presseorgan jede Verlautbarung einer Stadtverwaltung immer en Detail auf Richtigkeit prüfen wird (da ja nicht überall ein Bob Woodward oder Carl Bernstein in der Redaktion sitzen kann), solange kein Anlass für eine Fehlerhaftigkeit offenkundig oder wenigstens erkennbar ist.
Genau das war aber hier der Fall. Dennoch sollen die Ruhr-Nachrichten großzügig exculpiert sein, was die Unterschlagung der Benannten zu Nr. 22 angeht.
Allerdings hätte man erwarten können, dass die Ruhr-Nachrichten die Problematik um die Nr. 22 in Zusammenhang mit der öffentlichen Abstimmung wenigstens mal erwähnt.


Etwas anderes gilt für die Nrn. 1 und 13 der Liste. Es geht hier nicht allgemein um ein mit den Vergabekriterien kollidierendes Ehrenamt, sondern konkret um eine politische Betätigung der Aspiranten.
Der Ausschluss politisch aktiver Personen ist doch zum einen in den offiziellen Vergaberegeln explizit festgelegt. Zum anderen erhält die Öffentlichkeit durch die großflächige Berichterstattung ein verzerrtes Bild und merkt nicht, dass die Regeln faktisch ignoriert werden. Der Versuch, die Nominierung auf nichtpolitisches ehrenamtliches Engagement zu begründen, blendet die klar vorgegebene Regelung aus.


Versagen der Kommunikation und Kontrolle
Es stellt sich die Frage, warum die Stadt Castrop-Rauxel nicht früher eingegriffen hat, um die Nominierung der beiden Kandidaten zu unterbinden. Der Prozess, bei dem die Ruhr-Nachrichten die Abstimmung durchführten, scheint unzureichend überwacht worden zu sein. In der Antwort auf die Anfrage von CASNews an die Ruhr-Nachrichten wurde nicht erläutert, ob ein Mechanismus vorgesehen ist, um irrtümliche oder gar bewusste Verstöße gegen die Regeln zu erkennen und rechtzeitig zu korrigieren.


Ein schädlicher Vertrauensbruch
Die aktuelle Kontroverse schadet nicht nur dem Ansehen des Instituts der Ehrennadel, sondern auch dem Vertrauen in die Stadtverwaltung und die beteiligten Medien.
Für viele Einwohner und Einwohnerinnen könnte sich die Frage stellen, ob die Auszeichnung noch als glaubwürdige Anerkennung von ehrenamtlichem Engagement angesehen werden kann, wenn fundamentale Regeln bei der Vergabe missachtet werden.


Forderung nach Transparenz und Konsequenzen
Um das Vertrauen in die Vergabe der Ehrennadel wiederherzustellen, sind klare Schritte erforderlich. Die Stadt Castrop-Rauxel muss sicherstellen, dass die Regeln zukünftig strikt eingehalten werden. Dazu gehören eine konsequente Überprüfung der Nominierten und eine transparente Kommunikation mit allen Beteiligten, insbesondere den Medien.
Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob in diesem Jahr die Abstimmung der Öffentlichkeit überhaupt als Grundlage für die Vergabe der dritten Ehrennadel verwendet werden kann. Eine Annullierung wäre ein klares Signal, dass die Stadt die Integrität des Findungsprozesses für die Auszeichnung ernst nimmt.


Fazit
Was lernt uns das? Die Stabsstelle des Bürgermeisters (SPD) hat es geschafft, eine Benannte (Nr. 22) aus dem Rennen zu nehmen und zwei Personen (Nr. 1 und 13) als qualifiziert zu bewerten, die sich politisch betätigen und auf Wahlplakaten (SPD) erscheinen.
Die Ehrennadel ist ein wichtiges Symbol für bürgerschaftliches Engagement in Castrop-Rauxel. Damit sie auch in Zukunft als glaubwürdig und bedeutend wahrgenommen wird, müssen Regeln respektiert und Verstöße klar benannt werden. Nur so kann die Auszeichnung ihren eigentlichen Zweck erfüllen: Menschen zu ehren, die uneigennützig zum Wohl der Gesellschaft beitragen.

  • Quelle(n): CASNews

Autor

Dr. Matthias Delvo

Dr. Matthias Delvo

Rechtsanwalt, Contributor/Kommentator

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