
- Bild: KI-generiertes Symbolbild
Neuer Schul-Caterer „Muttis Küche“: Halal-Konzept statt Hausmannskost
Ab dem Schuljahr 2025/26 beliefert „Muttis Küche“ Castrops weiterführende Schulen – Halal-Fleisch polarisiert
- 02.08.2025 um 18:24
Newsletter abonnieren - lokal & zuverlässig
Unser kostenloser Newsletter hält Sie täglich über die wichtigsten Nachrichten aus Castrop-Rauxel auf dem Laufenden - direkt ins E-Mail-Postfach.
Jetzt Newsletter abonnierenNeuer Schul-Caterer „Muttis Küche“ sorgt mit Halal-Konzept für Diskussionen
Castrop-Rauxel: Ab dem Schuljahr 2025/26 beliefert der Gelsenkirchener Caterer „Muttis Küche“ die weiterführenden Schulen der Stadt – und setzt dabei auf Halal-zertifiziertes Fleisch. Das sorgt für kontroverse Debatten um Transparenz, Vielfalt im Speiseplan und religiöse Neutralität.
Hintergrund: Ausschreibung mit Hindernissen und neuer Caterer gefunden
Die Suche nach einem neuen Anbieter für die Mittagsverpflegung an Castrop-Rauxels weiterführenden Schulen gestaltete sich schwierig. Die erste Ausschreibungsrunde zu Jahresbeginn blieb ohne gültiges Angebot – es fand sich kein Caterer, der unter den damaligen Bedingungen bieten wollte. Daraufhin überarbeitete die Stadt ihr Konzept und stellte zusätzliche finanzielle Mittel bereit, etwa durch einen höheren Personalkostenzuschuss. In einem zweiten Anlauf erhielt schließlich das Unternehmen „Muttis Küche“ aus Gelsenkirchen den Zuschlag. Der Preis pro Mittagessen soll dabei weiterhin wie bisher bei maximal 4,50 Euro liegen, sodass für Eltern keine Mehrkosten entstehen.
„Muttis Küche“ wird ab August die sechs städtischen weiterführenden Schulen – von beiden Gesamtschulen über die Gymnasien bis zur Realschule und Sekundarschule – mit warmem Mittagessen beliefern. Geliefert wird im „Cook & Hold“-Verfahren, also frisch zubereitet und warmgehalten. Zum Angebot gehört neben täglich zwei Menüoptionen auch eine kostenlose Salat- und Nudelbar, an der sich Schülerinnen und Schüler zusätzlich bedienen können. An mehreren Schulen übernimmt der Caterer außerdem die Cafeteria- bzw. Kioskbetriebe. Die Stadt schreibt bei der Schulverpflegung weiterhin strenge Qualitätsstandards vor: So muss jedes Menü mindestens 30 % Bio-Anteil enthalten, saisonale Produkte verwenden und Kriterien artgerechter Tierhaltung erfüllen. Diese Vorgaben werden laut Stadt auch vom neuen Anbieter erfüllt. Bürgermeister Rajko Kravanja begrüßte die Lösung und sprach von einer Entscheidung „im Sinne der Angebotsvielfalt beim Schulessen“.
Überraschung: Halal-Konzept sorgt für Aufmerksamkeit
Über den Namen „Muttis Küche“ erwarteten viele zunächst bodenständige Hausmannskost. Umso größer war die Überraschung, als bekannt wurde, dass der Caterer in Gelsenkirchener Schulen ein spezielles Ernährungskonzept verfolgt. Ein RTL-Bericht vom 29. Juli 2025 zeigte: An einer Gelsenkirchener Gesamtschule gibt es künftig nur noch vegetarische oder Halal-Gerichte – Schweinefleisch ist dort komplett vom Speiseplan gestrichen. Statt einer breiten Auswahl gilt: Gegessen wird nach islamischen Halal-Regeln. Für einige Muslime bedeutet das „alles außer Schwein“; für streng Gläubige muss das Fleisch zusätzlich rituell nach den Vorschriften geschlachtet sein (inklusive Ausbluten lassen „im Namen Allahs“). In Deutschland ist ein Schlachten ohne vorherige Betäubung allerdings nur mit Ausnahmegenehmigung erlaubt und in den meisten Fällen verboten.
Der Bericht über die Mensa-Umstellung in Gelsenkirchen sorgte bundesweit für Aufmerksamkeit und Diskussionen. Kritiker monierten, eine rein halal ausgerichtete Schulkantine berücksichtige die Vielfalt der Gesellschaft nicht genügend. „Muttis Küche“ selbst wiegelte gegenüber RTL WEST ab. Die Chefin des Familienbetriebs – Canan Celebi – betonte, rund die Hälfte der Schülerschaft an der betreffenden Schule sei muslimisch; man biete grundsätzlich immer auch Salatbuffet, vegetarische Alternativen und halal-zertifiziertes Fleisch an. Die Aufregung bezeichnete sie als „befremdlich“ und „viel Dampf um nichts“. Der RTL-Artikel wurde später in Details angepasst, doch die Kerninfo blieb: „Muttis Küche“ setzt ausschließlich Halal-Fleisch ein. Diese Nachricht schwappte prompt auch nach Castrop-Rauxel, wo Eltern fragten: Gilt das auch für das Schulessen unserer Kinder? Und: In unseren Castrop-Rauxeler Schulen beträgt der Anteil von Muslimen in der Schülerschaft doch nicht die Hälfte.
Stadt: Halal-Fleisch nicht ausgeschlossen – Gesetze werden eingehalten
Die Stadt Castrop-Rauxel hat auf Nachfrage von CASNews mittlerweile bestätigt, dass es sich bei dem neuen Lieferanten tatsächlich um denselben Caterer handelt, der in Gelsenkirchen mehrere Schulen beliefert. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme aus dem Rathaus: „Dieser Caterer bietet täglich 1 vegetarisches Gericht und 1 Fleischgericht (das Fleisch ist Halal-zertifiziert) zum Preis von jeweils 4,50 EUR sowie kostenlos eine Salat- und Nudelbar als mögliche Alternative.“ Mit anderen Worten: Auch in Castrop-Rauxel wird Halal-zertifiziertes Fleisch auf den Tellern landen – neben vegetarischen Speisen und der freien Salat-/Nudelbar. Die Stadt betont jedoch, dass dadurch kein Aufpreis entsteht (das 4,50-Euro-Preislimit bleibt) und dass für Schülerinnen und Schüler, die kein Fleisch möchten, immer Alternativen bereitstehen.
Zugleich unterstreicht die Verwaltung, dass die Ausschreibung weltanschaulich neutral gehalten war: „Halal-zertifiziertes Essen war in der Ausschreibung weder angefordert noch ausgeschlossen“, so die Stadt. Entscheidend seien Qualitätskriterien gewesen, die das Angebot von „Muttis Küche“ vollständig erfülle. Der Rat der Stadt habe den Ausschreibungsbedingungen zugestimmt. Aus städtischer Sicht gab es also kein Hindernis, einem Anbieter mit Halal-Konzept den Zuschlag zu erteilen, solange die üblichen Standards eingehalten werden. Diese sehen neben den genannten Bio- und Tierwohlkriterien z. B. auch vor, dass jedes Kind satt wird – ein Anspruch, dem „Muttis Küche“ mit ausreichenden Portionsgrößen nachkommt.
Wichtig ist der Stadtverwaltung, mögliche Vorbehalte gegen Halal-Fleisch zu entkräften. So habe der Caterer angegeben, sein Fleisch stamme „ausschließlich von renommierten deutschen Lieferanten, die alle gesetzlichen Vorschriften einhalten“. Insbesondere verweist Stadtsprecherin Maresa Hilleringmann darauf, dass Halal nicht mit betäubungslosem Schlachten gleichzusetzen sei. Wörtlich heißt es: „Halal-zertifiziert betrifft lediglich zusätzliche Anforderungen aus religiöser Sicht und bedeutet nicht, dass die Schlachtung ohne Betäubung erfolgt ist. Denn Schächtung ist in Deutschland verboten!“ Mit anderen Worten: Die rituellen Vorgaben der Halal-Zertifizierung erfolgen zusätzlich zu den ohnehin geltenden Tierschutzgesetzen – diese bleiben unberührt.
Eine Frage blieb jedoch offen: Welche Zertifizierungsstelle bescheinigt dem Caterer eigentlich die Halal-Konformität? Dazu machte die Stadt keine Angabe, und das Unternehmen selbst hat auf die CASNews-Anfrage bislang nicht reagiert.
Halal-Zertifizierung: Strenge Regeln des Europäischen Instituts (EHZ)
Ein Blick in die allgemeinen Richtlinien des Europäischen Halal Zertifizierungsinstituts (EHZ) zeigt, welche umfangreichen Vorschriften für eine Halal-Zertifizierung erfüllt sein müssen. Das EHZ mit Sitz in Köln – getragen von der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş – listet in seinem Regelwerk zahlreiche verbindliche Vorgaben auf. Einige Beispiele:
- Gebet beim Schlachten: Für jedes Tier muss beim Schlachten der Name Allahs angerufen werden. In der Praxis spricht der Schlachter dazu ein kurzes Gebet.
- Vorgeschriebene Personen: Ausschließlich Muslime dürfen schlachten – sie müssen entsprechend geschult sein.
- Strikte Trennung: Halal-Produktionslinien dürfen nicht mit nicht-halal konformen Lebensmitteln in Berührung kommen.
Diese und weitere Vorgaben bilden den Rahmen, den ein Caterer einhalten muss, wenn er Halal-zertifiziertes Fleisch anbietet. Das EHZ betont, dass Halal-Lebensmittel ein hohes Vertrauen bei muslimischen Verbrauchern genießen sollen. Für Hersteller eröffne das Beachtung der Halal-Standards zugleich einen wachsenden Markt.
Debatte: Fragen zu Transparenz, Vielfalt und Neutralität
In Castrop-Rauxel hat das Bekanntwerden des Halal-Konzepts bereits eine kontroverse Debatte ausgelöst, vor allem in den sozialen Medien. Viele Eltern und Bürger diskutieren, wie transparent dieses spezielle Verpflegungsangebot im Vorfeld kommuniziert wurde. Kritiker fragen, ob für nicht-muslimische Schüler genügend kulinarische Vielfalt verbleibt – immerhin sind bestimmte traditionelle Gerichte mit Schweinefleisch nun vermutlich komplett vom Menüplan verschwunden.
Unterdessen betonen andere Stimmen, dass für Nicht-Muslime kein Nachteil entstehe. Wer möchte, könne das Halal-Fleisch problemlos mitessen – oder auf vegetarische Alternativen ausweichen. Eine größere Rolle spielt für manche vielmehr der Tierschutzaspekt.
Schließlich stellt sich eine grundsätzliche Frage: Ist eine Halal-Zertifizierung mit konfessionell gebundenem Personal in Einklang mit deutschen Grundrechten wie Berufsfreiheit und Antidiskriminierung zu bringen? Der Fall reicht über Castrop-Rauxel hinaus – die Diskussion dürfte also weitergehen.
CASNews bleibt dran – und fragt: Wie stehen Sie zum Halal-Angebot an Schulen? Diskutieren Sie mit oder schreiben Sie uns einen Leserbrief.
- Quelle(n): CASNews
Autor

Nils Bettinger
Gründer und Redaktionsleiter.
Hält den Kopf für alles hin.
Aktuelle Artikel
Wetter

- Castrop-Rauxel
93%
0.89 km/h